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Sind Scheidungskosten steuerlich absetzbar?

Mit Änderung des Jahressteuergesetzes 2013 "möglicherweise" nicht mehr!

"Prozesskosten sind ab 2013 nicht mehr als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig, es sei denn, der Prozess musste zur Abwendung einer Bedrohung Ihrer Existenz geführt werden. Vom Abzugsverbot sich auch die Kosten der Scheidung / Aufhebung einer Lebenspartnerschaft betroffen"

Der Punkt "Verlust der Existenzgrundlage" betrifft Scheidungen grundsätzlich nicht.
So der Standpunkt der Finanzverwaltung.

Viele Steuerberater haben allerdings nicht aufgegeben! Es fragt sich aber ob es sinnvoll ist, ungeachtet der gesetzlichen Regelung die Anwalts- und Gerichtskosten im Mantelbogen des Formulars anzugeben um sich an etwaige Musterverfahren anzuhängen.

Dazu eine aktuelle Entscheidung:

FG Münster 19.6.2015, 1 V 795/15 E

Zur vorläufigen Berücksichtigung von Scheidungskosten als außergewöhnliche Belastungen

Es liegt die Situation vor, dass die Rechtsfrage hinsichtlich der Abzugsfähigkeit von unmittelbar durch den Scheidungsprozess veranlasste Kosten als außergewöhnliche Belastungen in der Literatur unterschiedlich beantwortet wird, eine ständige Rechtsprechung der Finanzgerichte zu der Rechtsfrage noch nicht existiert und der BFH über die Rechtsfrage noch nicht entschieden hat. Diese Rechtslage ist insofern als nicht eindeutig zu bewerten.

Der Sachverhalt:
Die Antragstellerin hatte in ihrer Einkommensteuererklärung 2013 Scheidungskosten i.H.v. rund 7.509 € als außergewöhnliche Belastung gem. § 33 Abs. 2 S. 4 EStG geltend gemacht. Die Aufwendungen setzen sich zusammen aus zwei Rechnungen ihres Rechtsanwaltes sowie einer Rechnung der Oberjustizkasse.

Das Finanzamt erkannte die Aufwendungen nicht als außergewöhnliche Belastungen an. Hiergegen wandte sich die Antragstellerin mit ihrem Einspruch, über den noch nicht entschieden wurde. Sie war der Ansicht, dass Scheidungskosten auch nach der Einführung des § 33 Abs. 2 S. 4 EStG weiterhin als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen seien. Hierzu führte das Finanzamt aus, dass vor dem BFH zwar zwei Revisionsverfahren zur Frage der Berücksichtigung der unmittelbar durch einen Scheidungsprozess verursachten Kosten als außergewöhnliche Belastungen anhängig seien (Az.: VI R 66/14 und VI R 81/14). Aus Sicht der Verwaltung sei die Rechtslage jedoch eindeutig.

Die Antragstellerin begehrte die gerichtliche Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Einkommensteuerbescheides 2013 i.H.d. sich bei einer Berücksichtigung der Scheidungskosten als außergewöhnliche Belastungen ergebenden Minderung der Steuerfestsetzung. Das FG kam dem Begehren nach und setzte die Vollziehung des Einkommensteuerbescheides aus.

Die Gründe:
Die Versagung des Abzugs der Prozesskosten als außergewöhnliche Belastungen in dem angefochtenen Einkommensteuerbescheid waren ernstlich zweifelhaft i.S.d. § 69 Abs. 2 i.V.m. Abs. 2 FGO. Entgegen der Auffassung der Finanzbehörde ist die Rechtslage insofern nicht eindeutig.

Ein Teil der Literatur geht von einem rein materiellen Verständnis des Begriffs "Existenzgrundlage" aus. Demnach schließt § 33 Abs. 1 S. 4 EStG Scheidungsprozesskosten grundsätzlich vom Abzug als außergewöhnliche Belastungen aus. Ein Abzug käme nur dann in Betracht, wenn im Einzelfall ohne Scheidung die materielle Existenzgrundlage bedroht wäre. Demgegenüber vertritt die wohl h.M. in der Literatur die Auffassung, dass Ehescheidungskosten trotz der Neuregelung in dem ursprünglich von der Rechtsprechung anerkannten Umfang weiterhin abzugsfähig sein sollen. Dabei wird der Begriff der "Existenzgrundlage" über ein bloßes materielles Verständnis hinaus weit ausgelegt.

Das FG Münster und das FG Rheinland-Pfalz haben mit Urteilen vom 21.11.2014 (Az.: 4 K 1829/14 E) und vom 16.10.2014 (AZ.: 4 K 1976//14, EFG 2015, 39) entschieden, dass auch nach der Einführung des § 33 Abs. 2 S. 4 EStG Scheidungskosten, die unmittelbar durch den Scheidungsprozess veranlasst sind, als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig sind. Hierunter fallen Gerichts- und Anwaltskosten des Scheidungsverfahrens, nicht jedoch Scheidungsfolgesachen, wie etwa die Vermögensauseinandersetzung. Beide Gerichte hatten die Revision zugelassen.

Jetzt gesellt sich auch das FG Köln dazu (14 K 1861/15 - Urteil vom 13.01.2016.

Leitsatz: Ehescheidungskosten können als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG vor Abzug der zumutbaren Belastungen berücksichtigt und die Einkommensteuer entsprechend niedriger festgesetzt werden.

Auch diese Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig, daher bei offenen Steuererklärungen die reinen Scheidungskosten als außergewöhnliche Belastungen geltend zu machen, ist die Empfehlung. Nach Ablehnung durch das zuständige FA legt man Einspruch ein und beantragt weiterhin Ruhe der Veranlagung, da die Revision zugelassen wurde. Das BFH-Verfahren läuft unter VI R 9/16
Wolfgang Bramer - Bonn - Fachanwalt Familienrecht - Fachanwalt Steuerrecht -


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